Referat


Zu Juergen Habermas' Deutung der "Aesthetischen Briefen"

Kiioaki AKAI

Inhalt

I. Fragestellung
II. Kant und Schiller
III. Hegel's Kritik der Dichtkunst
IV. Habermas' Deutung

(24, Maerz, 1986; Referat, F. Schiller: Aesthetische Erziehung, 1985-86, Prof. Dr. Eberhard Scheiffele)


I. Fragestellung

Juergen Habermas setzt Schiller's "Aesthetische Erziehung" in Beziehung zum Hegel's Diskurs der Moderne. Um Schiller's "Aesthetische Erziehung" zu verstehen, muss zum ersten der kantische Einfluss auf den Schiller's Gedanken eroertert werden. Zum zweiten muss die Hegel's Stellung zur Rolle der Poesie in dem philosophischen Bereiche erklaert werden. Zum letztenmal muss die Habermas' Deutung der "Aesthetische Briefe" insbesondere ueber den Unterschied zwischen dem politischen und philosophischen gebiet kritisiert werden.


II. Kant und Schiller

Die Differenz zwischen Kant's und Schiller's Gedanken ueber das Schoene liegt in ihren Schaetzungen ueber die griechische Kultur(1). Einerseits schaetzt Schiller hoch die kantische Sittenlehre: Man soll das moralische Ideal ueber den sinnlichen und natuerlichen Trieb erforschen, andereseits sucht er die harmoniche Entwicklung der Natur des Menschen wegen seines Dichtergeistes und Enthusiasmus ueber die Grieche. Aber der "Kritik der pratischen Vernunft" nach, besteht Kant's moralische Wuerde aus dem strengen Unterschied zwischen dem sinnlichen bei den Menschen und dem uebersinnlischen. Folglich behauptet Schiller Kant's moralischer Wuerde gegenueber seine "Anmut", die die moralische Handlung begleiten sollen. (vgl. Ueber Anmut und Wuerde, 1793)
Wie Goethe, ist das hoechste Ideal dem Schiller Jacobi's sogenannte "schoene Seele"(d. i. "belle a^me" in J. J. Rouseau's "Julie ou la nouvelle He'loise"). Und diesen Monismus der schoenen Seele kritisiert Hegel der Jenaer Zeit.


III. Hegel's Kritik der Dichtkunst

Die Lehrbuecher der Geschichte der Philosophie lehren uns, dass die Religion dem jungen Hegel wichtig war: In dem aeltesten Systemprogramm ist zwar die Kunst, der Habermas' Wendung nach(2), als die zukunftsweisende Macht der Versoehnung. Aber in der Differenzschrift von 1801 raeumt Hegel der aesthetischen Utopie(d.i. dem Bereich der Kunst oder der aesthetischen Welt) keine Chance ein.
In dem aeltesten Systemprogramm des deutschen Idealismus sagt Hegel:"Ich bin nun ueberzeugt, dass der hoechste Akt der Vernunft, der in dem sie alle Ideen umfasst, ein aesthetischer Akt ist und dass Wahrheit und Guete nur in der Schoenheit verschwistert sind. Der Pholosoph muss ebensoviel aesthetische Kraft besitzen als der Dichter. Die Menschen ohne aesthetischen Sinn sind unsere Buchstabenphilosophen. Die Philosophie des Geistes ist eine aesthetische Philosophie".(3) In dieser Stelle setzt er die Dichtkunst hoch und fordert, dass der Philosoph ebensoviel Kraft als der Dichter besitzen muss. Diese Behauptung erinnert uns an die folgende Worte: Am 4. November 1795 schreibt Schiller an die Graefin Schimmelmann: "Die hoechste Philosophie endigt in einer poetischen Idee, so die hoechste Moralitaet, die hoechste Politik. Der dichterische Geist ist es, der allen dreien das Ideal vorzeichnet, welchem sich anzunaehern ihre hoechste Vollkommenheit ist".(4)
Aber in der Differenzschrift finden wir die folgende Worte: "Solche in Beziehung aufs Ganze wenigen Versuche, die gegen die neuere Bildung stattgefunden haben, und die bedeutenderen schoenen Gestaltungen der Vergangenheit oder der Fremde haben nur diejenige Aufmerksamkeit erwecken koennen, deren Moeglichkeit uebrigbleibt, wenn die tiefere ernste Beziehung lebendiger Kunst nicht verstanden werden kann".(5) Hier beginnt er schon, die Philosophie von der Dichtkunst zu unterscheiden.


IV. Habermas' Deutung

Hier muessen wir nach der Differenz zwischen Schiller's und Habermas' Unterschied der aesthetischen Welt fragen zu beginnen.
Was Schiller mit dem "politischen (Gebiet)" auszysprechen meinte, muss noch einmal erlaeutert werden. Mit anderren Worten, gibt es ein Problem: Entweder Schiller's Unterschied zwischen dem politischen und philosophischen(oder aesthetischen) Bezirke entspricht der Habermas' Deutung oder nicht.
Habermas identifiziert, scheint es, Schiller's politischen Bezirk mit der wirklichen politischen Welt, wenn er den zweiten Satz der zweiten Brief zitiert.(6) An dieser Stelle erwaehnt Schiller zwar der politischen Freiheit, aber genauer gesagt, sagt er "eine wahre politische Freiheit". In Wirklichkeit ist diese wahre politische Freiheit jener politischen nicht gleich, weil Habermas' politische Freiheit in dem physichen Gebiet verwirklicht werden kann. Aber Schiller's wahre politische Freiheit in dem moralischen oder aesthetischen. In der "Aesthetischen Briefen" schildert er anfangs eine wirkliche politische Freiheit, dann erstrebt dieser Dichter die wahre Freiheit in dem aesthetischen Gebiet. Obgleich er sich dieser Differenz -- zwischen dem physichen und moralischen Gebiet -- nicht bewusst ist, difffernziert sich diese zwei Gebiete in der Ueberlieferung des philosophierenden Denkens.
In der Habermas' Deutung der "Aesthetischen Briefe", ist es merkwuerdig, dass das Schoene zweideutig ist: das Schoene als Mittel und als Ziel. Habermas formuliert die Antwort auf die Frage in dem zweiten Brief: "die Kunst selbst ist das Medium der Bildung des Menschengeschlechts zur wahren politischen Freiheit".(7) Und diese wahre politische Freiheit, die Habremas fuer das Ziel haelt, ist das Schoene des Schiller's. Aber dieses Schoene wird nicht in der wirklichen Welt, sondern in der aesthetischen Welt verwirklicht. Also Habermas' Deutung ist, scheint es, zu sehr materialistisch. Benno v. Wiese's Deutung ist eher moeglich als Habermas', weil Wiese sagt: "Damit ist bereits die Stufe der "Aesthetischen Briefe" erreicht, in denen die eigentliche Aufgabe des Menschen als eine Menschwerdung durch das Schoene in philosophischen Denken ergriffen wird. Aesthetische Erziehung ist nicht nur eine Erziehung durch das Schoene, sondern ebenso eine zum Schoenen.


Anmerkungen

(1) Von der Schiller's Beziehung zu den Griechen schildert Benno v. Wiese in der folgenden Worten: "Auch wir sind der Meinung, dass das Wesen der Schoenheit bei Schiller in einer Weise gedeutet wurde, die ebenbuertig neben der Philosophie der Griechen steht und bis heute nicht wieder erreicht wurde".(Benno v. Wiese, Schiller, S. 50) Und in diesem Sinne ist es unmoeglich, Schiller's aesthetische Welt zu erreichen. Das erinnert uns an Socrates' Worten ueber die Moeglichkeit der Herrschaft des Philosophen: "nun de, hos eoiken, sumbainei hemin peri tes nomothesias arista men einai ha legomen, ei genoito, chalepa de genesthai, ou mentoi adunata ge".(Platon, Republik, 502C5-7)

(2) J. Habermas, Der philosophische Diskurs der Moderne, S. 44.

(3) G. W. F. Hegel, Das aelteste Systemprogramm des deutschen Idealismus in Werke in zwanzig Baenden 1 Fruehe Schrften, S. 235(Shurkamp).

(4) Benno v. Wiese zitiert diesen Brief in seiner Schiller, S. 52.

(5) G. W. F. Hegel, Differenzschrift in Werke in zwanzig Baenden 2 Jenaer Schriften, S. 23.

(6) J. Habermas, S. 59.

(7) a. a. O.


Literaturverzeichnis

1. Friedrich Schiller, Ueber die aesthetische Erziehung des Menschen, 1795.
2. Juergen Habermas, Der philosophische Diskurs der Moderne, 1985(Shurkamp).
3. Benno v.Wiese, Schiller, 1955(Reclam).
4. G. W. F. Hegel, Werke in zwanzig Baenden: 1 Fruehe Schriften und 2 Jenaer Schriften (Shurkamp).


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